Tomeu | Fornet de la Soca
Märchenhaftes Gebäck, frisch vom Psychotherapeuten
Die Türen der Jugendstil-Fassade der Bäckerei Fornet de la Soca im Zentrum Palma de Mallorcas sind das Tor zu einer anderen Welt. Das antike Mobiliar im kleinen Verkaufsraum erinnert an Willi Wonkas Schokoladenfabrik und den Honigtopf, den Süßwarenladen aus Harry Potter. Auf den verschnörkelten Etageren lockt Süßgebäck so fluffig wie seine dünne Puderzuckerschicht. Die beim bloßen Ansehen knackende Karamellschicht einer Apfeltarte glänzt mit der krossen Zwiebeldecke eines Röstbrots um die Wette. Die filigran geflochtenen Pasteten kommen so frisch aus dem Ofen, dass der Geruch ihrer herzhaften Füllungen den ganzen Raum durchflutet.
Hinter einer massiven Holztheke, unter dem schummerigen Licht von aus der Zeit gefallenen Biedermeier-Stofflampen und vor dem schwarz-weißen Porträtfoto seiner Großeltern werkelt Tomeu Arbona. Weißes Hemd, schwarze Schürze, strenger Blick. Er ist der von Kunden und Kritikern gefeierte Bäcker und Konditor im Fornet de la Soca, aber auch Erfinder, Erschaffer und Besitzer des märchenhaften Ladenlokals.
Dass Tomeu Arbona zahlende Kundschaft bedient, ist der Eurokrise 2011 geschuldet. Nachdem der Sozialarbeiter sich zum Psychotherapeuten hatte ausbilden lassen, blieben die Patienten aus. Er machte sein Hobby zum Beruf und pachtete ein kleines Geschäft im Carrer Sant Jaume. Weil das Geld fehlte, richtete er es mit Flohmarkt-Möbeln, aber so liebevoll ein, dass es heute der meistfotografierte Lecker-bissen der Inselhauptstadt ist – einige Meter von seinem ursprünglichen Standort entfernt. Das Fornet de la Soca zog 2018 um, um die unaufhörliche Schar an Kunden bedienen zu können.
In der Zwischenzeit ist noch mehr passiert: Tomeu Arbona gewann unzählige Preise und schrieb zwei Backbücher mit den Rezepten seiner Großmutter, die das Geheimnis seines Erfolges sind. Alte Mehlsorten und lokale Produkte in Bio-Qualität zeichnen ihn genauso aus wie zeitgenössische Einflüsse. Es gibt Pasteten nicht nur mit Kalmaren direkt vom Fischmarkt, sondern auch vegan mit Kürbis und Spinat von den Feldern Mallorcas. Einige, die sich von ihm früher Lebenshilfe versprochen haben, füttern ihre Seele heute mit den Leckerbissen von Tomeu Arbona.